Früher war freitags Matjestag in Franken. Die Heringe wurden von Großhändlern an Privatleute auf den Dörfern geliefert, diese setzten daraus in Tontöpfen meist einen Matjessalat mit Sahne oder Sauerrahm an und boten ihn zum Verkauf an.
Geld war damals knapp und die Frauen warteten auf ihre Männer, die sie ebenfalls Freitags mit ihren Lohntüten erwarteten. Kamen sie, wurde die Cousine meiner Mutter losgeschickt, frischen Matjes zu holen. In der Zwischenzeit setzte die Oma bereits die Kartoffeln auf.
Es war üblich, dass die Männer mit der vollen Lohntüte erst einen Abstecher ins Wirtshaus machten. Hier gönnten sie sich ein – oder mehrere – Bier. Die Frauen kannten ihre Pappenheimer und wussten, wo sie ihre Männer finden konnten, falls diese nicht rechtzeitig nach Hause kamen.
Viele alte Geschichten erzählen noch von dieser Zeit, als die Frauen ihre Männer in den Wirtshäusern suchten und ihnen dort das Geld abnahmen. Sie wollten schließlich was zu essen auf den Tisch bringen – da war es besser, wenn nicht alles in flüssige Nahrung umgesetzt wurde.
Meine Mitbewohnerin liebt Matjes. Sie las in der Zeitung die Einladung zu einem Matjeskurs in der Lehranstalt für Fischerei in Aufseß in der Fränkischen Schweiz und forderte mich auf, dort teilzunehmen.
Am Freitag, den 10. Mai 2019 fuhr ich deshalb nach Aufseß. Ich wollte lernen, wie richtiger Matjes gemacht wird. Urspünglich war der Matjes eine holländische Erfindung, den es bereits in der mittelalterlichen Zeit der Hanse gab.
Die Bezeichnung Matjes stammt von dem niederländischen Wort Maagden, was Mädchen oder Jungfrau bedeutet. Es handelt sich also um noch nicht geschlechtsreife Heringe. Die Fische werden anschließend gekehlt und ausgenommen. Nur die Bauchspeicheldrüse bleibt im Fisch. In ihr stecken wichtige Enzyme für den Garprozess. Anschließend werden die Fische gesalzen und dicht in ein Eichfass geschichtet. Dort lagern sie eine Woche lang, bis sie reif sind.
Die Fischwirte in Aufseß zeigten, wie man einen Fisch schmerzfrei tötet, fachgerecht ausnimmt und filetiert.
Neu war für mich, dass sich auch Süßwasserfische zu Matjes verarbeiten lassen. In der fränkischen Fischerei wird der wohlschmeckende Aufseßer Saibling gezüchtet. Aber auch der Tigerfisch, eine Kreuzung aus Saibling und Forelle. Dieser hat seinen Namen des lustigen Musters wegen.
Die Fischwirte zeigten uns, wie sich Matjes zu leckeren Gerichten weiterverarbeiten lässt: Einfach in Öl und Zwiebeln eingelegt, als Creme oder Tatar. Natürlich durfte der Klassiker Matjessalat nicht fehlen. Hier lassen sich die Zutaten nach Belieben variieren. Denn laut Betriebsleiter Seyfried kann man nichts falsch machen.
In den Rezepten finden sich neben den klassischen Zutaten Zwiebel, Essiggurken und Äpfeln, auch Ananas, Sellerie, rote Bete, Mandarinen oder Mango.
Ein Geschmackstest zeigte uns deutlich den Unterschied zwischen Supermarktmatjes und frischen Aufseßer Matjes. Aber es ist nicht leicht: Wer einmal frischen Matjes probiert hat, dem fällt der Wechsel auf industriell hergestellten Matjes schwer.