Ursprünglich wurde der Zieberleskes aus Rohmilch hergestellt, diese gibt es aber heutzutage – EU sei Dank – nicht mehr zu kaufen. Überhaupt gibt es in unserem Dorf zwar 5.000 Einwohner, aber keinen einzigen Bauern mehr, der Kühe hält und Milch produziert. Im Nachbardorf existiert nur noch ein einziger.
Zieb, zieb, zieb: So rief meine Urgroßmutter nach den jungen Küken, wenn sie ihnen das Futter brachte. Das hörte sich so ähnlich wie das an, was die Küken selbst an Geräuschen von sich geben. Daher werden in Franken die Hühnerküken Zieberla und die Entenküken Wiewerla genannt.
Jedes Frühjahr zog meine Urgroßmutter eine große Zahl an Enten- und Hühnerküken groß. Alle wurden mit Ziebeleskäs gefüttert, auf fränkisch „aufgebäbbelt“. Den Ziebeleskäs gibt es heute noch, auch wenn damit nur noch selten Küken gefüttert werden. Jeder echt fränkische Bierkeller bietet Ziebeleskäs zum Essen an, als echt fränkische Low-Fett-Variante des Frischkäses. Er schmeckt mit Zwiebeln und Schnittlauch und das Kellerbier darf dazu auch nicht fehlen.
Als wir noch klein waren, gab es die Milch noch beim Bauern im Ort. Jeden Tag musste einer von uns fünf Brüdern mit der silberfarbenen Milchkanne zum Milchbauern gehen und anderthalb Liter Milch holen. Allerdings machte diese Arbeit keinem von uns wirklich Spaß und wenn es gegangen wäre, hätten wir uns sicher gerne davor gedrückt.
Der Weg führte durch ein kleines Wäldchen: Stolperten wir über eine Baumwurzel oder fielen gar hin, verschütteten wir Milch. Diese fehlte am nächsten Morgen beim Frühstück. Doch so viel wir auch achtgaben, es passierte, auch wenn die Mutter anschließend mit uns schimpfte. Wir versuchten sogar, das Malheur zu vertuschen und füllten die verschüttete Milch mit Wasser auf. Doch die gestreckte Milch blieb der feinen Zunge unserer Mutter leider nicht verborgen. Einmal fiel ich so hin, dass die ganze Milch auslief – ich musste also den Weg zum Bauern noch einmal unternehmen.
Als unsere Grundschullehrerin im Unterricht von den Flieh- und Anziehungskräften erzählte, dachte ich mir, dass ich diese mit einer vollen Kanne Milch gut überprüfen könne. Ich brauchte allerdings etliche Versuche, bis mir der richtige Schwung gelang. Bis dahin verschüttete ich immer wieder die kostbare Milch und musste mir jedesmal ein großes Donnerwetter von der Mutter anhören. Aber es half alles nichts: Die Anziehungskraft der Fliehkräfte war stärker als die Angst vor dem Donnerwetter.
Zieberleskes
Zutaten:
2 Liter rohe Milch direkt vom Bauern (es geht auch Vorzugsmilch, die in bestimmten Läden angeboten wird)
1 Spritzer Zitronensaft zum Impfen der Milch
2 gehackte Zwiebeln
1 Bund Schnittlauch
Salz und Peffer
Rahm nach Belieben
Herstellung:
Die Milch an einem warmen Ort über 20° C stellen und dick werden lassen. Es dauert meist zwei Tage bis sie stöckelt.
Damit die Säuerung erfolgt wird die rohe Milch mit einem Spritzer Zitronensaft geimpft.
Von der gestöckelten Milch den Rahm vorsichtig entfernen.
Die gestöckelte Milch in ein Zentimeter große Würfel schneiden. Die Molke trennt sich dabei deutlich vom Bruch.
In einem Säckchen aus Baumwolle oder Leinen füllen (ein Geschirrtuch und ein Sieb geht auch) und mehrere Stunden hängen lassen, bis die Molke vollständig abgetropft ist.
Anschließend den Zieberleskes herausnehmen und mit einem Löffel auflockern.
Mit etwas Rahm (nach belieben), Zwiebeln, Salz und Pfeffer anmachen.
Zum Schluss mit Schnittlauch garnieren.
Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte anklicken.
Zieberleskes pdf Rezeptanleitung