Nikolais Namenstag und was in die Stiefel gehört.
Mein Sohn Nikolai war sehr stolz auf seinen Namen und seinen Namenspatron, den Heiligen Nikolaus. Immerhin konnte niemand jemals seinen Namenstag vergessen, da ja an diesem Tag alle Kinder beschenkt werden.
Selbstverständlich standen auch in meiner Kindheit fünf Stiefel sorgfältig aufgereiht im Flur und warteten darauf, dass der Nikolaus etwas hineinsteckt. Wir wussten, was wir erwarten durften. Schließlich war die Auswahl der Süßigkeiten in den 60er Jahren durchaus überschaubar.
Am Nikolausabend warteten wir fünf Brüder in der Küche. Unsere Mutter passte auf, dass jeder so lange am Tisch sitzen blieb und wartete, bis die Glocke bimmelte. Dann sprangen wir auf und rangelten in den Flur. Jeder kannte seinen Stiefel und schaute argwöhnisch, ob in den anderen auch das Gleiche drin war.
In der Schulzeit tauchten die ersten Zweifel auf, ob die Stiefel wirklich vom Nikolaus gefüllt wurden.
Und so diskutierten wir mit unserer Mutter an einem Nikolausabend, ob es ihn wirklich gab. „Und wer füllt dann eure Stiefel?“, fragte die Mutter.
„Es gibt keinen Nikolaus, dass ist bestimmt der Papa“, hielten wir dagegen.
Als die Glocke das nächste Mal bimmelte, sprangen wir wieder sofort auf und rannten in den kalten Flur. Diesmal blieben wir jedoch nicht vor den gefüllten Stiefeln stehen, sondern flitzten weiter, aus dem Haus und wollten den Nikolaus sehen.
„Da vorne rennt er“, rief einer meiner Brüder und alle nahmen die Nikolausverfolgungsjagd auf. Meine Mutter rief uns zwar zurück, aber vergebens.
Gute fünfzig Meter vor uns rannte eine Gestalt über das mit Schnee bedeckte Feld und verschwand bald in der Dunkelheit. Wir gaben auf, weil wir die Spuren im Schnee nicht mehr sehen konnten.
„Wir haben den Papa gesehen“ riefen wir unserer Mutter zu, als wir ins Haus zurückkamen. „Das war der Nikolaus“, antwortete sie. „Papa kommt heute erst später heim“.
Kurze Zeit später klappte die Haustür. Unser Vater stand im Flur, sichtlich außer Atem und mit einer bis zu den Knien feuchten Hose.
Wir stellten ihn zur Rede, aber der leugnete standhaft.
Die Geschichte hatte aber trotzdem ein Nachspiel.
Seit dieser Zeit steckten unsere Eltern die Süßigkeiten zu Nikolaus nicht mehr in die Stiefel, sondern legten sie auf Pappteller mit Weihnachtsmotiven. Diese bekamen wir einfach so überreicht, ganz ohne Glöckchenklang.
Zu Deinem Namenstag wünsche ich Dir alles Gute, lieber Nikolai.
Ruhe in Frieden, wo auch immer Deine Asche ist.
Das war am 6. Dezember in unseren Stiefeln:
Schokonikolaus in Silberpapier
Napolitains von Riegelein aus Cadolzburg
Weihnachtsbaumsbehang aus Schokolade
Orange
Mandarinen
Apfel
Lebkuchen
Erdnüsse mit Schale
Walnüsse
Haselnüsse
MAOAM