Fisch Fränkische Tapas

Fränkischer Weihnachtskarpfen – Karpfen blau

Weihnachtsengel
Aischgründer Spiegelkarpfen blau
Fränkischer Weihnachtskarpfen – Karpfen blau

Wir leben ja hier im Aischgrund und der Aischgründer Karpfen ist nicht nur in ganz Franken, sondern weit darüber hinaus bekannt. Im Gegensatz zu anderen Karpfen hat er einen runden Rücken und ist relativ flach. Deswegen wird er auch manchmal als Spiegelkarpfen bezeichnet.
Es heißt, die Mönche hätten den Karpfen früher extra so gezüchtet, damit er nicht über den Tellerrand hinausragt – was in der Fastenzeit verboten war – und trotzdem groß ist. Immerhin war Fisch eine Fastenspeise und hier bei uns wird er immer noch in mehr als 1.700 Weihern gezüchtet.

Traditionell war der Heilige Abend ein hoher Fastentag: Da kam der Karpfen blau zum Mittagessen gerade recht.

Fränkischer Weihnachtskarpfen blau
Aischgründer Karpfen blau mit Meerrettich-Sahne-Soße
                                                             Fränkische Tapas

Bei uns jedoch gab es keinen Karpfen blau. Das könnte daran gelegen haben, dass zum einen Karpfen nicht gerade billig waren, der zeitliche Aufwand für die Zubereitung doch recht hoch und wir als Kinder beim Essen mit den Gräten zu kämpfen hatten. Immerhin hatte unsere Mutter gerade an Heilig Abend viele andere Dinge zu erledigen. Deswegen gab es an diesem Mittag traditionell bei uns blaue Zipfel, auch wenn das gegen das Fastengebot verstieß.

Für uns fünf Brüder war gerade Weihnachten das schönste Fest im ganzen Jahr – einfach weil unter dem Christbaum Spielzeug lag. Denn wir bekamen nur zweimal im Jahr etwas geschenkt: Zum Geburtstag gab es dringend benötigte Kleidung und etwas Süßes. Weiter nichts. Spielsachen gab es nur an Heiligabend. Deswegen war Weihnachten für uns das Fest aller Feste, auf das wir uns schon das ganze Jahr über freuten. Begann die Adventszeit, steigerte sich die Vorfreude weiter: Jetzt kamen per Post die Spielkataloge ins Haus.
Es wurde ganz genau festgelegt, wie lange jeder von uns Brüdern den Katalog anschauen durfte, bevor er ihn an den nächsten Bruder weitergeben musste. Oft gab es Streit, auch wenn die Reihenfolge durch unser Alter festgelegt war. Wir studierten alles in- und auswendig und nutzten die zwei Wochen, die uns blieben. Anschließend mussten wir unsere Wunschliste bei der Mutter abgeben. Damit wir nichts doppelt bekamen, sprachen wir sämtliche Wünsche gegenseitig ab. Das war vor allem bei Gesellschaftsspielen wie Monopoly oder Risiko wichtig. Auch wenn jeder von uns das Spiel gerne besessen hätte, wussten wir genau, dass es einer alleine nicht spielen kann. Allerdings konnte der Besitzer entscheiden, wann damit gespielt wird. Wir diskutierten alles gründlich aus, auch wenn das nicht immer einfach war und manchmal half auch die körperliche Stärke etwas nach.
Wer sich für ein Spiel entschieden hatte, verhandelte anschließend mit den anderen vier Brüdern, welche Gegenleistung er bekommen würde, wenn er sie mitspielen ließ. Alles hielten wir ganz genau fest, also: Wer, wie oft, wie lange spielen durfte und schlossen darüber richtige Verträge mit Unterschriften.

Wir hielten unsere Wünsche nach einem Ranking auf der Liste fest. So waren wir sicher, dass unsere Mutter genau wusste, was für uns das Wichtigste war. Allerdings gab es keine Garantie dafür, dass unsere Wünsche erfüllt werden – darauf achtete unsere Mutter sehr. Gingen unsere Wünsche am Heiligen Abend doch in Erfüllung, war unsere Freude dafür um so größer. Wir bekamen übrigens auch nicht alle Wünsche erfüllt, die wir auf unserem Wunschzettel notiert hatten. Das war unserer Mutter ebenfalls wichtig: Sie wollte, dass wir verzichten können und das auch aushalten.
Am Vorabend des Heiligen Abends wurde der Baum aufgestellt und geschmückt, am 24. Dezember selbst war das Wohnzimmer für uns tabu. Bei schlechtem Wetter mussten wir den ganzen Tag in einem kleinen Nebenraum verbringen. Auch wenn normalerweise Streit und Spannungen auf so kleinem Raum gewissermaßen vorprogrammiert waren, verfehlte die Drohung unsere Mutter ihre Wirkung nicht. Falls wir lauter oder lebhafter wurden, erinnerte sie uns daran, dass Weihnachten auch ausfallen kann. Dann blieben wir lieber ruhig.
Für uns dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis nach dem Kaffeetrinken die Geschenke im Wohnzimmer ausgebreitet waren. Sobald es dämmerte, wurde der Christbaum angezündet und die von uns lang ersehnte Glocke läutete. Jetzt hielt uns nicht mehr: Wir stürmten los und waren vor Freude nicht zu bremsen. Aber bevor wir uns auf die Geschenke stürzen durften, mussten wir uns in einer Reihe aufstellen und Weihnachtslieder singen. Eigentlich sollten wir zehn Lieder singen, doch nach fünf war unsere Motivation erschöpft. Wir wollten endlich wissen, was wir geschenkt bekommen hatten. Unsere Mutter überreichte zuerst jedem nur ein Geschenk, später das nächste. Deswegen dauerte die Bescherung recht lange und unsere Freude wurde immer wieder neu entfacht. Das war ein echt herrliches Gefühl.

Bescherung 1965
Bescherung in Franken 1965

War alles ausgepackt, wollten wir spielen. Also verhandelten wir, welche Spiele wann und mit wem dann gespielt wurden. Auch wenn es zwischendrin noch Abendessen gab: Das interessierte keinen von uns so wirklich. Später mussten wir dann noch in die Christmette. Dort trafen wir unsere Freunde und tauschten uns darüber aus, was es für jeden so gegeben hatte.
Ich dankte in der Kirche dem Christkind dafür, dass es geboren wurde und wir deshalb dieses Fest feierten. Trotzdem wunderte ich mich, dass am Geburtstag des Jesuskindes alle anderen Kinder reich beschenkt werden, das eigentliche Geburtstagskind jedoch leer ausging.

Zurück aus der Kirche, spielten wir weiter. Mitternacht war jedoch Schluss damit. Dann schickte unsere Mutter uns ins Bett. Doch an Schlafen war längst nicht zu denken. Ich wartete immer, bis endlich meine Eltern ins Bett gingen und ich mich leise die Treppe hinunterschleichen konnte. Dann spielte ich im Wohnzimmer so lange weiter, bis ich vor lauter Müdigkeit fast einschlief, schlich wieder zurück in mein Bett und schlief dort selig und überglücklich ein.
Unsere Freude über die Spielsachen dauerte lange an. Damit wir diesen Weihnachtszauber lange spüren konnten, bettelten wir darum, dass der Christbaum nicht an Dreikönig aus dem Wohnzimmer kam, sondern länger stehen bleiben durfte. Erst als sich sämtliche Nadeln verabschiedeten, half kein Bitten und Flehen: Der Baum wurde abgeschmückt und kam hinter dem Haus auf den Holzstapel. Einmal blieb der Baum sogar bis zum Karfreitag stehen: Vielleicht waren in diesem Jahr unserer Mutter die Argumente ausgegangen, vielleicht hatten wir ihr auch versprochen, dass wir uns ordentlich benehmen und nicht streiten.
Auch wenn wir den Tannenbaum bis dahin ordentlich gegossen hatten: Nadeln trug er längst nicht mehr. Er sah eher wie eine Antenne aus, mit unzähligen filigranen Füßchen.

Sylvia und ich wünschen unseren Lesern ein gesegnete Weihnacht.

Fränkischer Weihnachtskarpfen
Karpfen blau

Zutaten:
Einen Karpfen (hier Aischgründer Karpfen)
1/8 Liter Essig
Frisch geriebenen Meerrettich oder Meerrettich aus dem Glas

Aischgründer Karpfen
Aischgründer Spiegelkarpfen

Für den Sud:
ca. 1,5 Liter Wasser
1 Zwiebel
1 kleine Stange Lauch
1 Mohrrübe
1 Stück Sellerie
Gewürze: 2 Lorbeerblätter, 1/2 Zitrone und Senfkörner.

Für die Soße:
Frischer Meerrettich oder im Glas
Sahne
Zucker

Zubereitung:
Den Fisch waschen. Anschließend mit heißem Essig übergießen, damit er sich blau verfärbt. Gemüse schneiden und mit den Gewürzen in aufkochen.
Den Karpfen mit dem Essigsud hineingeben und kurz aufkochen lassen.
Jetzt bei geschlossenem Topf knapp 30 Minuten ziehen lassen. Der Karpfen ist gar, wenn sich die Flossen lösen lassen.

Aischgründer Karfpen blau im Sud
Aischgründer Weihnachtskarpfen blau

Der Karpfen kann mit frisch geriebenen Kren oder mit einer Meerrettich-Sahnesoße gereicht werden.
Dazu wird Meerrettich in frischer Sahne verrührt und mit etwas Zucker abgeschmeckt.

Als Beilage gibt es Pellkartoffeln mit ausgelassener Butter und Salz.

Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte anklicken.
Aischgründer Karpfen blau pdf Rezeptanleitung

Wer mehr über den Aischgrunder Karpfen und seiner Zubereitung erfahren möchte kann hier einen Film anschauen. Er dauert 10 Minuten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Franken ist wie ein kleines Wunderland