Was dem Bayern sein Obazda ist, ist für den Franken der Gerupfte. Allerdings gibt es zwischen beiden Käsesorten einen wesentlichen Unterschied: Während der Obazda aus reifem Camembert hergestellt wird, wird der Gerupfte in Franken mit einem echten Stinkekäse, dem Backstakes angemacht, wie hier der Limburger oder Romadur bezeichnet wird.
Damit er sich besser verarbeiten lässt und seinen Duft so richtig entfalten kann, legt man ihn im Winter eine Weile auf die Heizung und im Sommer in die Sonne. Kurz bevor er sich selbstständig macht, hat er die genau richtige Konsistenz.
Zwar mag die Mitbewohnerin den stinkenden Käse eigentlich nicht, doch als fränkischer Gerupfter schmeckt er ihr. Übrigens – gab es stinkenden Backstakes oder Gerupften in meiner Kindheit, habe ich auch lieber die Nase gerümpft. Schätzen lernte ich ihn erst später. Heute wird er zwar auf vielen Bierkellern als echt fränkische Spezialität angeboten, doch oft hat dieser Gerupfte mit dem Original nur den Namen gemein.
„Einer von euch lügt“, war sich unsere Mutter sicher, auch wenn jeder von uns hoch und heilig versicherte, dass er nichts angestellt hatte.
Was war passiert?
Wollte unsere Mutter das Essen zubereiten, schickte sie uns fünf Jungs nach draußen. Leider hatten wir nicht viel Spielzeug, auch die inzwischen so modernen Trampolinkäfige gab es noch nicht. Auch Fußballspielen im Hof war strengstens verboten.
Sollte uns die Zeit nicht lang werden, mussten wir erfinderisch sein. Einmal fanden wir die Bohnenstangen, an denen die Urgroßmutter im Nachbargarten ihre Feuerbohnen hochranken ließ. Wir fanden, dass sich diese hervorragend als Speere eigneten und wetteiferten in der Einfahrt darum, wer diese am Weitesten werfen konnte. Alles ging gut.
Doch ein Speer verfehlte die angepeilte Flugrichtung und traf nicht nur das Haus, sondern mit lautem Klirren das kleine runde Terrassenfenster.
Die Mutter war stante pede im Hof – und uns blieb nur die altbewährte Strategie: Jeder von uns stritt es ab. Solange wir den Schuldigen nicht verpetzten, konnte sie somit nicht den Täter finden – und bestrafen.
Die Fensterscheibe wurde übrigens nie repariert. Sie erinnert uns bereits seit über vierzig Jahren an unseren Unfug, den wir damals trieben – und auch daran, dass wir damals viel besser zusammenhielten als heutzutage.
Jedes Mal, wenn wir gemeinsam auf der Terrasse sitzen, erinnert uns der Sprung in der Scheibe an unseren Bohnenstangenweitwurf und die „Ich-wars-nicht-Strategie“. Gleichzeitig denken wir aber auch an unsere so früh verstorbene Mutter, der wir damit bestimmt eine Menge Nerven geraubt haben.
Gerupfter
Zutaten:
200g Camembert, 100g Stinkerkäse z.B. Romadur, 50g weiche Butter, 50g Frischkäse, 1 Zwiebel, Rosenpaprika edelsüß, Kümmel gemahlen (oder Cumin), Schnittlauch, Salzstangen
Zubereitung:
Den reifen Camembert mit der Hand in kleine Stücke zerpflücken. Das gleiche geschieht mit dem Romadur.
Jetzt kommt die weiche Butter und die kleingeschnittene Zwiebel hinzu und das Ganze wird mit der Gabel zu einem batzigen Teig zerdrückt.
Anschließend wird der Gerupfte kräftig mit edelsüßen Paprika gewürzt. Mit Salz, Pfeffer und gemahlenen Kümmel abschmecken.
Zum Schluss den Frischkäse einrühren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist.
Mit Schnittlauch bestreuen und ganz wichtig: Die Salzstangen nicht vergessen. Die Franken lieben es, den Gerupften als Dipp nur mit Salzstangen zu essen.
Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte anklicken.
Gerupfter pdf Rezeptanleitung
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