Das Kochbuch der Gebrüder Lange habe ich ja vor einer Weile mit dem Rezept Hühnerfrikassee hier vorgestellt. Vom dort enthaltenen Rezept „Hasenragout Orientexpress“ inspiriert, habe ich einmal über meinen doch eher fränkischen Tellerrand hinausgeschaut und einen Rehrücken mit orientalischen Gewürzen zubereitet.
Für den eher konservativen Franken ist es nicht immer leicht, wenn er über seinen Tellerrand hinaussehen soll. Wir Franken sind außerordentlich heimatverbunden, lieben unsere Rituale und Gewohnheiten und springen nicht gleich auf jeden Zug auf. Wir sind lieber geduldig und können Dinge aussitzen.
Ja, es gibt sogar andere Menschen, die behaupten, wir Franken seien stur.
Dabei braucht ein Franke nur genügend Zeit. Bekommt er diese, taut er auch auf und öffnet sich dem Neuen in der Welt.
So wie beispielsweise vor fast fünfzig Jahren, in den 70ern. Damals kamen viele Ingenieure aus ganz Deutschland und begannen in Erlangen bei Siemens zu arbeiten. Sie suchten sich eine Wohnung und ließen sich mit ihren Familien in Franken nieder.
Viele von ihnen wohnten zunächst in Erlangen selbst, doch dort wurde der Wohnraum schnell knapp und teuer. Also suchten sie weiter und fanden Wohnraum oder ein Baugrundstück in den umliegenden Dörfern. Doch dort war der Vorbehalt gegen diese „Zugrasdn“, also die Zugereisten, zunächst groß. Manchmal wurden sie sogar mit wenig schönen Worten aufgefordert, doch bitte ihr Sack und Pack zu nehmen und wieder dorthin zurückzukehren, von wo sie hergekommen waren. Doch sie gingen nicht, sie blieben. Und sie brachten ein neues, ein anderes Denken in die Orte, in denen sie wohnten.
Plötzlich gab es beim Hausmeister in der Schule keine Cola mehr zu kaufen, sondern gesundes Essen. Dass wir Schüler über diese Neuerung nicht zu sehr begeistert waren, muss ich sicherlich nicht erwähnen.
Im Lauf der Zeit haben die fränkischen Ureinwohner dann doch gemerkt, dass die Ideen der „Zugrasdn“ manchmal gar nicht so schlecht waren und sich ihnen gegenüber mehr und mehr geöffnet. Ja, die Neuen wurden so nach und nach auch in verantwortungsvolle Positionen in Vereinen und der Lokalpolitik gewählt.
Und das zeigt, dass wir Franken Fremden gegenüber durchaus aufgeschlossen sein können, vorausgesetzt, wir bekommen genügend Zeit.
Rehrücken Orientexpress
Zutaten:
1 ganzer Rehrücken (oder anderes Rehfleisch)
50 g grüner Speck
2 EL Öl
3 Knoblauchzehen
2 Frühlingszwiebel
1 Zwiebel
2 Tomaten
1 Stück Sellerie
1/2 Liter Wildfond
1/2 Flasche trockener Rotwein
4 Zweige frischer Thymian
1 kleiner Zweig Rosmarin
1 kleiner Bund Petersilie
2 Lorbeerblätter
2 TL Madrascurry
2 EL Mandeln geschält
1 paar getrocknete Früchte (hier Zwetschgen und Apfelscheiben)
Abrieb einer halben Orangenschale
300 g Karotten
Salz, Pfeffer und Zucker
Zum Binden der Soße:
2 EL Butter
3 EL Mehl
Zubereitung:
In einer Pfanne den Speck mit dem Öl auslassen. Darin den Rehrücken von allen Seiten anbraten und herausnehmen. Den Knoblauch, die Zwiebeln, den weißen Teil der Frühlingszwiebeln und die Tomaten in Scheiben schneiden und mit dem Sellerie in der Pfanne anbraten. Mit dem Wildfond ablöschen und die Bratenrückstände in der Pfanne lösen. Jetzt alles in einen Bräter geben und mit dem Wein aufgießen. Thymian, Rosmarin, Lorbeerblätter und Trockenfrüchte hinzugeben. Die Mandeln vorher in einer Pfanne ohne Öl leicht anrösten und ebenfalls hinzugeben. Mit Wasser auffüllen bis alles knapp bedeckt ist und leicht salzen und pfeffern.
Bei 130° C Ofentemperatur im geschlossenen Topf knapp unter dem Siedepunkt halten. Nach einer Stunde prüfen, ob sich das Fleisch vom Rücken löst. Wenn ja, wird der Rücken herausgenommen und warm gestellt. Die Soße abseihen und so weit reduzieren, bis ein knapper halber Liter übrig bleibt. Jetzt nach und nach mit dem Curry würzen, bis seine Note leicht überwiegt. Mit etwas Zucker, der die Gerbstoffe neutralisiert, der Soße den letzten Schliff geben. Jetzt wird die Butter mit dem Mehl verknetet und soviel in die Soße eingerührt bis sich die gewünschte Bindung einstellt.
Den Rehrücken auslösen und zusammen mit der Orangenschale zurück in die Soße und langsam aufwärmen.
Die Karotten in feine Streifen schneiden und sparat in einer Pfanne in Butter mit Salz und Zucker weich dünsten, bevor sie in die Soße gegeben werden.
Als Beilage eignen sich Grießnocken oder Kartoffelpüree.
Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte anklicken.
Rehrücken Orientexpress pdf Rezeptanleitung