Heute morgen klingelte der Nachbar und brachte drei frisch geschlachtete Stallhasen zu uns. Deshalb gibt es heute Hasenbraten, selbstverständlich auf Fränkisch.
Ich zerlege die Karnickel und friere alles in kleinen Portionen ein, was wir heute nicht brauchen. Nur drei Beinchen bleiben in der Küche und werden unser Mittagessen. Im Kochbuch meiner Mutter suche ich ein Kaninchenrezept und finde eins mit Rahmsoße. Dazu gibt es Klöße und Wirsing.
Nach dem Essen bin ich so vollgefuttert, dass ich mir einen Mittagsschlaf gönne. Anschließend räume ich den Keller auf – hier habe ich in den vergangenen zwei Wochen einiges geschafft. Heute Abend muss die Mitbewohnerin zu einer Gemeinderatssitzung. Wenn sie zurückkommt, werden wir in diesem Jahr den ersten Federweißer trinken.
„Wo die Hasen Hosen hasen und die Hosen Husen hasen“
Die Franken nennen hier den Kaninchenbraten Stollhosnbrodn (übersetzt: Stallhasenbraten).
Für viele Menschen war früher Fleisch ein unerschwinglicher Luxus. Hatten sie etwas Land, hielten sie sich einige Hühner, Gänse und Kaninchen. In meiner Kindheit waren die Dorfstraßen noch ungeteert und ohne Gehwege. Auf ihnen waren die Fußgänger, Hühner, Gänse und Enten unterwegs. Es herrschte ein reges Treiben, Verkehrsregeln gab es fast keine. Das Gegackere und Geschnattere war ein vertrautes Geräusch. Entweder wichen die Tiere aus, wenn sich Menschen näherten oder die Menschen machten einen Bogen um die Tiere. Da sich Gänse gerne angriffslustig zeigten, bin ich ihnen lieber ausgewichen.
Knatterte ein Motorradfahrer durchs Dorf, wurde er Gänsjäger genannt. Die Gänse schnatterten zwar laut, verschwanden jedoch schnell vom Fahrweg. Später wurden alle diejenigen im Ort so bezeichnet, die sich noch kein eigenes Auto leisten konnten.
Gackerten und scharrten die Hühner auf meinem Weg, rannte ich gerne auf sie los und freute mich, wenn sie in alle Himmelsrichtungen davonstoben.
Fuhr ein Auto auf der Straße, war das noch selten und etwas Besonderes. Wir Kinder rannten sofort los und bestaunten das fremde Gefährt. Auch die Tiere guckten erstaunt.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich an einem sonnigen Sommertag frühmorgens zur Schule ging. Obwohl wir Brüder immer gemeinsam gingen, war ich an diesem Tag alleine unterwegs. Plötzlich hörte ich, wie irgendwo ein Schwein laut quiekte, so, als würde ihm gerade etwas Schreckliches widerfahren. Ich hielt inne und lauschte: Es quiekte immer weiter, so, als wollte es überhaupt nicht mehr damit aufhören.
Vorsichtig ging ich weiter und kam zu einem Hof. Hier erkannte ich, warum das Schwein so verzweifelt quiekte: Die Sau hing an ihrem Leben. Der Metzger, der sie wohl schlachten sollte, schaffte es nicht. Es waren mehrere Männer auf dem Hof, alle brüllten sich gegenseitig an und machten sich Vorwürfe. Diesen Moment nutzte die Sau, riss sich los und rannte im Schweinsgalopp auf die Straße, direkt auf mich zu. Ich blieb zunächst wie angewurzelt stehen, drehte mich jedoch schnell um und rannte, rannte so schnell ich nur konnte und drehte mich gelegentlich um. Schließlich wollte ich sehen, wann ich die Gefahrenzone verlassen hatte. Hinter der Sau flitzte der Metzger mit einer Stange, an der unten ein Fanghaken war. Er wollte das Tier am Bein erwischen, doch es gelang ihm nicht. Erst als mich die Sau schon fast erreicht hatte, wurde sie langsamer. Das nutzte der Metzger aus und brachte sie mit dem Fanghaken zu Fall. Seine Gehilfen kamen gleich hinterher und fesselten das Tier.
Der Schrecken saß in mir so tief, dass mir das Herz nur sehr langsam aus der Hosentasche wieder nach oben kroch. Der Metzger wollte mich beruhigen und rief „Du musst keine Angst mehr haben – wir haben die Sau fest im Griff!“
Ich ging meinen Schulweg weiter und war mir sicher: Noch so ein Erlebnis brauchte ich nicht. Auf gar keinen Fall.
Fränkischer Hasenbraten
Zutaten:
1 Kaninchen
2 Zwiebeln
Suppengemüse
2 Lorbeerblätter
5 Wacholderbeeren
1 Liter trockener Weißwein
Sahne
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Vom Kaninchenfleisch das Fett und die Häute entfernen. In einer Pfanne von beiden Seiten anbraten und anschließend mit Salz und Pfeffer würzen.
Suppengemüse kleinschneiden und ebenfalls in der Pfanne anbraten. Mit Weißwein ablöschen. Kaninchen in einen Bräter mit Gemüse und den Gewürzen geben. Dann mit Weißwein auffüllen bis das Kaninchen fast bedeckt ist. Deckel drauf und bei 180°C im Römertopf für 2 Stunden in den Backofen. Kaninchen gelegentlich wenden und nötigenfalls Weißwein nachgießen.
Nach der Bratzeit das Kaninchenfleisch aus dem Topf nehmen und warm stellen. Die Soße abseihen und mit Sahne, Salz und Pfeffer abschmecken.
Dazu gibt es fränkische Klöße und Wirsing.
Manche essen auch Blaukraut, zu deutsch Rotkohl zu Kaninchen. Bei uns in der Fränkischen Schweiz wird Rotkohl zu dunklem Fleisch und Wirsing zu hellem Fleisch gegessen.
Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte hier klicken.
Fränkischer Hasenbraten pdf Rezeptanleitung
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