Da unser Vater aus Unterfranken stammte, fuhren unsere Eltern – selbstverständlich mit uns – gelegentlich zu den dort noch lebenden Großeltern. Die Fahrt war nicht sehr bequem für uns, schließlich mussten wir zu fünft hinten im Käfer Platz finden. Der jüngste von uns kam in den Babykasten, wie wir das kleine Staufach hinter der Rücksitzbank nannten. Fing er an zu jammern, nahm ihn die Mutter auf den Schoß und er durfte vom Beifahrersitz aus die Sicht genießen. Mit den Sicherheitsvorschriften nahm man es damals nicht so genau. Da es noch keine Gurte und keine Gurtpflicht gab, saßen wir auch alle unangeschnallt im Auto.
Es dauerte nicht lange, bis wir, so eingepfercht, wie wir waren, den ersten Streit begannen. Jeder von uns verteidigte sein kleines Stückchen Platz und passte argwöhnisch auf, dass sich keiner breiter machte, als ihm zustand. Doch unserer Mutter wusste, wie sie uns ruhig stellen konnte. Sie warnte: „Bald kommt das Häuschen mit dem Gesicht! Wenn ihr nicht ruhig seid und aufpasst, dann verpasst ihr es.“
Da wir das Häuschen mit dem Gesicht unbedingt sehen wollten, waren wir ruhig und achteten angestrengt auf alles, was wir aus den Autofenstern heraus sehen konnten. Bin ich heutzutage auf der Autobahn Richtung Unterfranken unterwegs, freue ich mich immer noch über den Anblick.
Das kleine Haus in den Weinbergen war oft der einzige Lichtblick, wenn wir zu den Großeltern fuhren. Meistens mussten wir bei einem solchen Besuch nur in der Stube hocken. Dabei hätten wir viel lieber einen Abstecher in den Kuhstall oder die Scheune gemacht. Doch wir trugen die Sonntagsklamotten – und die durften auf keinen Fall schmutzig werden.
Unsere Oma gab uns Apfelsaft zu trinken, den sie Most nannte. Es dauerte allerdings nicht lange, bis uns langweilig war. Dann nervten wir die Eltern mit unserer Frage, wann es denn endlich wieder nach Hause gehen würde. Wir verstiegen uns sogar zu der Behauptung, wir müssten noch für die Schule lernen. Dabei haben wir gerade Sonntags nie etwas dafür gemacht.
Unser Onkel gab sich allerdings große Mühe und versuchte, uns zu beschäftigen. Einmal nahm er einen Apfel in seine Hände und brach ihn in genau zwei Hälften, ganz so, als hätte er ihn mit einem Messer geteilt.
Mit den Worten: „Das ist ganz leicht“, drückte er jedem von uns einen Apfel in die Hand. Wir versuchten es nach Leibeskräften, doch keiner schaffte es. „Verrat uns deinen Trick“, drängten wir ihn, doch er lachte nur. Wir merkten bald, dass es einfach nur an seiner Kraft lag – und diese fehlte uns noch. Wir gaben das Apfelbrechen erfolglos auf.
Danach nahm unser Onkel eine Walnuss zwischen seine Hände. Er legte die Finger ineinander, bildete so einen Hebel und knackte die Nuss zwischen seinen Handballen.
Wir staunten wieder und probierten, doch auch dafür reichten unsere Kräfte nicht aus.
Dank dieser Ausflüge bekam ich eine Verbindung zu Weinfranken, wie Unterfranken auch bezeichnet wird. Bis heute fahre ich gerne dorthin.
Als Jugendlicher unternahm ich im Herbst beispielsweise meine erste Weinfahrt. In der Heckenwirtschaft wurde Winzersuppe serviert. Neugierig fragte ich nach, wie sie zubereitet wird und erfuhr, dass der hier angebaute Weißwein eine wesentliche Rolle bei dieser Suppe spielt.
Fränkische Winzersuppe
Zutaten:
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1 Scheibe Graubrot
400 ml Gemüsebrühe
250 ml Weißwein trocken (vorzugsweise fränkischer Riesling)
Mehl
125 ml Sahne
Schnittlauch
Salz, Pfeffer, Muskat
Zubereitung:
Das Graubrot entrinden und in Würfel schneiden. Eine Pfanne mit einer halbierten Knoblauchzehe ausreiben. Anschließend auf mittlerer zwei Esslöffel Butter zerlassen, dann salzen und die Brotwürfel darin anbraten. Immer wieder wenden, damit sie von allen Seiten schön knusprig werden.
Die Croutons auf einem Küchenpapier abkühlen lassen. Jetzt die klein geschnittene Zwiebel in der Pfanne anbraten. Mit zwei Esslöffel Mehl bestäuben und eine Einbrenne herstellen. Mit 250 ml Weißwein ablöschen und die Brühe hinzugießen. Alles 15 Minuten leicht köcheln lassen. Danach die Zwiebeln abseihen und die Sahne in die Suppe rühren.
Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
Die Suppe mit Schnittlauch garnieren und den Croutons servieren.
Rezeptanleitung. Zum Herunterladen bitte anklicken.
Winzersuppe pdf Rezeptanleitung