Fränkische Tapas Wenn´s pressiert

Butterbrote für Nikolai

Lieber Nikolai,
heute ist Dein 25. Geburtstag – und damit Dein erster Geburtstag, der ohne Dich stattfindet.

Eigentlich würde ich ja gern an dein Grab gehen und mich dort mit dir unterhalten. Leider hast Du noch immer keines bekommen. Ich versteh das nicht.

Auch wenn ich der Meinung bin, dass wir jeden Tag feiern sollten – und der Geburtstag als solcher nicht wichtig ist, gilt das für Dich nicht mehr. Du bist nicht mehr am Leben – aber trotzdem unter uns. Ich kann die Liebe zu Dir nicht einfach wie eine Lampe oder ein elektrisches Gerät ausschalten. Die Liebe zu einem Menschen brennt einfach weiter, auch dann, wenn dieser längst gestorben ist.
Das ist auch gut so. Dank dieser Liebe bleibst Du in meiner Erinnerung und nimmst an allem teil, was ich tue: Du bist immer dabei.

Heute erzähle ich Dir, wie Du zu Deinem Namen gekommen bist. Dazu muss ich etwas weiter ausholen:
Ich war in der zweiten Klasse, als meine Grundschullehrerin aus dem Lesebuch die Geschichte vom Zwiebelchen vorlas:
Ein Engel bat Gott um Gnade: Er hatte Mitleid mit einer alten Frau und wollte diese aus dem Fegefeuer holen.
Gott lehnte das ab: „Die Frau hat in ihrem ganzen Leben noch nie einem anderen etwas Gutes getan!“
Doch der Engel erinnerte Gott daran, dass sie einst ein winziges Zwiebelchen besaß – und es einer Bettlerin geschenkt hatte.
Gott ließ sich überzeugen. Er erlaubte dem Engel, die Frau aus dem Fegefeuer zu holen – allerdings nur, wenn er es schaffen würde, diese am Zwiebelchen aus dem Feuer zu ziehen. Reißt sie nicht, darf die Frau in den Himmel.
Der Engel stieg hinab zum Fegefeuer und tat, was Gott ihm aufgetragen hatte. Er reichte der alten Frau ein Ende des Zwiebelchens und zog an der anderen Seite. Als jedoch die anderen armen Seelen im Fegefeuer sahen, wie der Schutzengel die Frau mit Hilfe des Zwiebelchens herauszog, wollten sie auch gerettet werden. Sie klammerten sich an die alte Frau. Jetzt bekam diese Angst um die Zwiebel. Sie fürchtete, das kleine Zwiebelchen würde dieser Last nicht standhalten, strampelte mit den Füßen und trat nach den anderen armen Seelen. Jetzt riss das Zwiebelchen tatsächlich und der Engel ging enttäuscht zurück in den Himmel.
Ich war zwar erst in der zweiten Klasse, doch die Geschichte beschäftigte mich damals sehr: Gott hätte doch wissen müssen, dass sich die anderen Seelen an der Frau festhalten würden. Seit dieser Zeit machte ich mir Gedanken darüber, wer Gott ist und wie er zu uns Menschen ist.

Gut zwanzig Jahre später sollte ich ein Referat über die Brüder Karamasow von Dostojewski halten – und entdeckte im Kapitel des Großinquisitors die Geschichte vom Zwiebelchen wieder. Da ich nicht an einen Zufall glaube, bekam dieses Buch für mich eine große Bedeutung. Es war ungefähr sechs Wochen vor Deiner Geburt, als ich darin den Namen Nikolai entdeckte – und so stand für mich Dein Name fest. Auch mein Zwillingsbruder war von der Wahl so begeistert, dass wir Dich – gegen sämtliche Vorbehalte: „Wie kann man einem deutschen Kind einen russischen Namen geben?“ – Nikolai nannten.

Wenn ich es heute bedenke, spiegelt das Buch von Dostojewski auch Dein Schicksal wider: Die drei Brüder stehen symbolisch für den Körper, den Geist und die Seele des Menschen und ihrer schicksalhaften Verstrickung miteinander. Es geht um die menschlichen Grundfragen nach Schuld und Sühne, Leid und Mitleid, Liebe und Versöhnung.
Das waren auch Deine Fragen, als Du zu mir kamst. Dir ging es immer um die Wahrheit. Jetzt allerdings geht es Dir um Versöhnung: Das ist Dein Vermächtnis, das Du mir hinterlassen hast.

Das Motto der Brüder Karamasow ist ein Bibelzitat:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“

Und auch das hat sich in Deinem Fall bewahrheitet.

Du hast auf vieles verzichtet, damit es anderen besser geht. Deshalb schenke ich Dir heute zu Deinem Geburtstag ein bescheidenes Butterbrot.
Es passt auch zu deinem Namen. Die Russen haben es von den Deutschen in ihre Esskultur aufgenommen und selbst den deutschen Namen für das mit Butter bestrichene Brot beibehalten. Allerdings packen sie noch viel mehr drauf und belegen ihre Butterbrote richtig dick. Manchmal werden sie sogar warm serviert.
Butterbrote habe ich Dir früher auch immer gemacht.
Du mochtest sie, wenn ich sie Dir mit Schinken, Tomaten und mit Käse überbacken habe.

Alles Gute zum Geburtstag Nikolai.

Wer gerne eine symbolische Kerze für Nikolai auf seiner Gedenkseite entzünden möchte, kann dies über diesem Link gerne tun.

Hier geht es zu letzte Erdbeeren für Nikolai

Russische Butterbrote

Brote mit Butter bestreichen und belegen
Brote mit dem Käse im Ofen bei 200° C überbacken
Butterbrot mit rohem Schinken, Kimmerling und überbackenem Käse
Russische Butterbrote – Tapas

Link zu russischem Butterbrotrezept.

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